Die seit 1895 zweijährlich stattfindende Biennale in Venedig wollen wir uns nicht entgehen lassen. Im Giardini präsentieren sich 28 Länder in ihren nationalen Pavillons. Da sich die Zahl der teilnehmenden Nationen zunehmend erweitert hat, sind Ausstellungsorte über Kirchen, Palazzi und aufgelassene Werkshallen in der ganzen Stadt verteilt.
Im Arsenale (Schiffswerften) mit seinen Hallen aus dem 16. Jahrhundert gibt es seit 1999 eine durch Kuratoren zusammengestellte Themenausstellung. In diesem Jaht ist das Motto
Die Biennale ist moderne Kunst, zu der uns wohl ein wenig künstlerische Bildung fehlt. So bleibt uns der Sinn der meisten Kunstwerke auch verschlossen.
Weder die im Kreis fahrende Kuh,
die Busch-Dusche, der Pinsel-Roboter mit seinen 32 Programmen,
noch das im Abstand von wenigen Sekunden immer wieder gegen die Wand schlagende Tor
geben uns etwas.
In mehr als 50% der nationalen Pavillons wird man von Animationen, flimmernden Bildschirmen und lauten Geräuschen überflutet.
In einer Zeit der Licht- und Lärmverschmutzung halten wir dieses für sehr fragwürdig, es grenzt an Belästigung.
Sigmar Gabriel berief 2018 Franciska Zólyom zur Kuratorin des deutschen Pavillons 2019. Sie zeigt Arbeiten der Künstlerin Natascha Sadr Haghighian, die sich hier Natascha Süder Happelmann nennt.
An einem Baugerüst hängen Lautsprecher, aus denen übereinander gelagert Musikstücke für das 'Musikinstrument' Trillerpfeife erklingen. Hören kann man nur ein lautes Zischen und hin und wieder einen scharfen Trillerton. Na, ja, wir haben auch schon den Steinkopf nicht verstanden.
Aber es gibt sogar für uns Verweigerer der modernen Kunst Lichtblicke. Die gehäkelten Korallenriffe von Christine & Margaret Wertheim finden wir ganz witzig
und die Arbeiten der afrikanischen Fotografinnen Felicia Ansah Abban (Ghana) sowie Zanele Muholi (Südafrika) sind sehr eindrucksvoll. Auch der Umgang der japanischen Künstlerin Mari Katayama mit ihrer angebohrenen Tibiale Hemimelie ist äußerst bewundernswert.
In Mestre ist die Idee der Fahrradstraßen toll umgesetzt: Es gibt in der Innenstadt in der Mitte geteilte Einbahnstraßen, so dass je eine Hälfte für Fahrräder und für Autos zur Verfügung steht.
In der Hostaria 'Vite Rossa' genießen wir im Stehen Tapas und Wein. Es ist rappeldicke voll, viel Gelächter um uns herum, total gemütlich. So etwas fehlt in Rostock!
Nur wer sich als Nichtitaliener outet, bekommt auch einen Platz in dem winzigen Restaurant.
Die einzige (englische) Speisekarte wird von Tisch zu Tisch gereicht.
Wir sind bei 12 °C eingeschlossen vom Balkantief im Osten und den schwarzen Gewitterwolken im Westen. Regen überall und so fahren wir die 1.650 Kilometer nach Hause mit nur einer Übernachtung im Parkhotel Krone, Bensheim, mit Schwimmbad und Sauna, sehr zu empfehlen.
Zu Hause wartet bereits das Fotofestival Horizonte in Zingst auf uns, natürlich 'nur' Fotografie. Aber hier wird das Bewußtsein der Menschen auf unsere Umwelt und den Klimawandel fokussiert. Und auch so, dass wir es verstehen, ohne zwanzig Seiten Erklärung lesen zu müssen.
Die Panzerhalle wurde von Studenten nach dem Ingeborg Bachmann-Motto ''Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar' sehr eindrucksvoll gestaltet.
Wie immer sind etliche beeindruckend große Exponate unter freiem Himmel aufgestellt, wie die Ausstellung über die Vermüllung des Meeres,
die Rodung des Regenwaldes mit Verdrängung des Orang-Utans aus seinem Lebensraum oder die Bewahrung von Tradition und Bräuchen indigener Gruppen.
Es sind keine Postkartenfotos mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Oft sind die Bilder ein wenig wolkig,
im Vordergrund geht es stets um die Menschen.
Hier ist für jeden etwas dabei, auch experimentelle Fotografie zur Architektur oder ästhetische Aktfotografie.
Und das alles ohne Eintritt. Da kann man nur sagen, spart das Geld für die Biennale, fahrt nach Zingst!